Eigentlich hatte ich mir für dieses Jahr vorgenommen, ein bisschen mehr Non-Fiction zu lesen. Und doch hält sich die Zahl der Ratgeber und Sachbücher, die ich dieses Jahr beendet habe, in Grenzen. „Sorry, aber …“ ist eines davon, das ich eigentlich auch nur gelesen habe, weil ich die Videos der Autorin, in denen sie problematische Aussagen von Männern kommentiert und auseinandernimmt auf Instagram sehr gerne schaue. Deshalb war ich neugierig auf ihr Buch und ich verrate euch jetzt, wie es mir gefallen hat.
Klappentext
Wir entschuldigen uns ständig: »Sorry, dass ich störe «, »sorry, ich muss mal durch«, aber ist das wirklich notwendig? »sorry, aber …« Bestseller-Autorin Tara-Louise Wittwer (»Drama Queen«) nervt es, dass ihr eine schnelle Entschuldigung oft so viel leichter über die Lippen geht als für sich einzustehen. Und dass sie sich so oft schuldig fühlt, obwohl es keinen Grund dazu gibt.
Warum ist es überhaupt wichtig, sich zu entschuldigen – und was bedeutet eine Entschuldigung, wenn sie nicht ernst gemeint ist? Entschuldigen wir uns, um die Schuld abzuladen? Entschuldigen wir uns für andere, damit sie sich besser fühlen? Kann man sich überhaupt aktiv entschuldigen, oder muss man um Entschuldigung bitten? Entschuldigen sich Frauen mehr als Männer? Hat sich die Art und Weise, wie wir uns entschuldigen, im Laufe der Zeit verändert? Welchen Einfluss haben die sozialen Netzwerke auf unsere Fehlerkultur?
Meine Meinung
Grob gesagt, geht es in diesem Buch darum, dass sich Frauen viel häufiger entschuldigen als es nötig ist. Wittwer zeigt das anhand einiger Beispiele aus ihrem realen Leben, in denen ich mich häufig wiedererkannt habe. Männer sehen in den meisten Fällen gar nicht die Notwendigkeit, sich zu entschuldigen, während Frauen sich teilweise allein für ihre Existenz entschuldigen oder dafür, Raum einzunehmen. Und genau das beobachte ich sehr häufig in meinem Alltag. In Situationen, in denen Männer in meinem Umfeld sich nicht entschuldigen, obwohl ich das in der Situation getan habe. Oder Momente, in denen ich an Personen vorbei möchte und mich dafür entschuldige, dass sie mir Platz machen. Das sind Situationen, die mir bekannt sind, die mir nicht neu sind, die ich jetzt aber doch noch einmal mit anderen Augen betrachte.
Wittwer erzählt einige Anekdoten bezüglich des Entschuldigens aus ihrem eigenen Leben, aber sie beleuchtet auch die Historie der Frau, die natürlich dafür verantwortlich ist, dass wir heute noch danach handeln. Dass uns Frauen seit Generationen vorgesagt wird, dass wir ruhig sein müssen, nicht auffallen dürfen, dass wir nicht unangenehm sein dürfen – und uns eben jetzt, im 21. Jahrhundert genau aus diesem Grund noch dafür entschuldigen, wenn uns jemand im Weg steht. Es ist so absurd und dennoch können viele von uns Frauen nicht aus ihrer Haut.
Besonders interessant fand ich hier tatsächlich den historischen Kontext. Beispielsweise die Konsequenz für Frauen, die zu geschwätzig, zu laut sind, einen Maulkorb tragen zu müssen, der um den gesamten Kopf gelegt wird – manchmal sogar noch mit Dornen im Mundbereich, was nicht nur erniedrigend für die Frauen war, sondern auch schmerzhaft. Genauso interessant fand ich aber die Information, dass sich Marie Antoinette bei ihrer Hinrichtung beim Henker entschuldigt haben soll, weil sie ihm auf den Fuß getreten ist. Sie weiß, dass sie in wenigen Minuten durch die Hand dieses Mannes sterben wird, und entschuldigt sich dennoch bei ihm. Es ist so unbegreiflich und gleichzeitig kann ich mich in so eine Situation gut hineinversetzen.
FAZIT
„Sorry, aber …“ hat mich mal wieder zum Nachdenken gebracht, was es bedeutet, eine Frau zu sein. Und wieder habe ich denk Gedanken, wie ätzend es sein kann, eine Frau zu sein. Obwohl mir all die Situationen, in denen ich mich unnötigerweise entschuldige, bewusst sind, hat mir dieses Buch noch einmal mehr die Augen geöffnet. Es ist keines dieser weltbewegenden Bücher, die die eigene Weltanschauen nachhaltig beeinflussen. Aber es ist ein Buch, durch das ich mich verstanden gefühlt habe. Und das mit einigen interessanten Fakten rund um Frauen und das Entschuldigen punkten konnte.
„Sorry, aber“ von Tara-Louise Wittwer
Einzelband | Sachbuch | 208 Seiten
gelesen im Juli 2024 | in 6 Tagen gelesen
★★★★