Der Roman „Wir werden jung sein“ spielt mit dem Gedankenexperiment, was passieren würde, wenn es ein verjüngendes Medikament gibt. Beispielhaft wird dies an vier Probanden und dem Mediziner, der das Medikament gegen Herzprobleme entwickelt hat, dargestellt. Damit hat mich dieser Roman direkt angesprochen, weil es mal etwas ganz anderes ist und ich die Thematik unglaublich spannend finde.
Klappentext
Ihr Leben gerät aus den Fugen, als die Teilnehmer einer Medikamentenstudie an der Berliner Charité plötzlich jünger werden. Jakob ist gerade seiner ersten Liebe begegnet und verliert auf einmal jegliche Lust. Jenny wünscht sich seit vielen Jahren vergeblich ein Kind und wird plötzlich schwanger. Wenger, ein schwerkranker Immobilienpatriarch, verabschiedet sich mit einem rauschenden Fest von der Welt, um kurz darauf – zur Verzweiflung seiner Erben – wieder aufzublühen. Und Verena, die zweifache Olympiasiegerin über 100 Meter Freistil, hat ihre Profizeit längst hinter sich, als sie bei einem Schaukampf der Ex-Stars überraschend neue Rekorde aufstellt. Als die Öffentlichkeit von ihrer Verjüngung erfährt, überschlagen sich die Ereignisse.
Meine Meinung
Ich habe „Wir werden jung sein“ als Hörbuch im Abo gehört. Gesprochen wird der Roman sehr angenehm von Simon Jäger. So bringt er auch die Eigenarten der einzelnen Charaktere sehr gut rüber. Vier Personen ist das Herzmedikament in einer Testreihe verabreicht worden und auf alle vier wirkt sich die Nebenwirkung der biologischen Verjüngung anders aus.
Jakob, eigentlich 16, ist auf einmal biologisch gesehen nur noch acht Jahre alt. Äußerlich hat er sich (zunächst) nicht verändert und doch merkt er, dass er nicht mehr ganz er selbst ist, als er seine erste Freundin kennen lernt und erste sexuelle Erfahrungen machen möchte, dies aber einfach nicht kann. Sein Körper reagiert auf einmal nicht mehr auf die Lust, die er empfindet.
Jenny hat bereits mehrere Kinderwunsch-Behandlungen hinter sich. Sie gilt als Ende 30-Jährige sowieso schon als nicht mehr 100% fruchtbar. Aber nach der Einnahme des Medikaments ist auch ihr Körper acht Jahre jünger. Und wieder ziemlich fruchtbar. Ihre Erfahrungen mit dem Verjüngungsmedikament fand ich eigentlich sogar mit am spannendsten, weil das Medikament noch sehr lange nachwirkt und sich die Frage stellt, ob das das ungeborene Kind beeinflusst. Rückblickend kam genau ihr Part meiner Meinung nach etwas zu kurz. Obwohl es die interessanteste Ausgangssituation ist, sind die anderen Probanden weitaus spannender dargestellt worden.
Wenger ist ein alter Immobilien-Mogul, der kurz vor dem Tod steht. Auch er hat das Medikament bekommen und fühlt sich auf einmal wieder bester Gesundheit. Jetzt ist er biologisch sogar jünger als seine deutlich jüngere Frau.
Und zu guter Letzt: Verena, eine ehemalige Olympionikin, die bei einem Benefiz-Wettkampf all ihre Rekorde aus der Jugendzeit bricht. Schnell findet man heraus, dass auch sie verjüngt wurde, durch ein vermeintlich anders wirkendes Medikament. Die Frage, die sich hier stellt: Gilt das schon als Doping?
Das vor allem spannende sind die Impulse, die das Buch auslöst. All die Fragen, die sich die Charaktere stellen, regen extrem zum Nachdenken an. Nicht nur die Profitgier der Welt, die dargestellt wird, in dem für die Machthaber die Frage danach, wie viel Geld man damit verdienen könnte, über allen Problemen, die ein längeres Menschenleben mit sich bringen könnten, steht. Vor allem hat mich aber sehr bewegt, was die Verjüngung für die einzelnen Personen bedeutet. So weiß Verena beispielsweise auf einmal nichts mehr mit ihrem Leben anzufangen. Olympisches Gold hat sie bereits geholt, sie hat alles erreicht, was sie wollte. Was soll sie mit diesen zusätzlichen Jahren tun. Der Gedanke, dass eine begrenzte Lebenszeit in vielerlei Hinsicht Motivation für uns ist, ist mir so nie gekommen.
Im ersten Moment klang die Vorstellen, von 30 auf 20 zurückversetzt zu werden, für mich nicht schlecht. Aber Leo setzt so geschickt an den kritischen Fragestellungen an, dass man noch lange nach Beenden des Buches über diese Möglichkeit nachdenkt. Darüber, ob man das wollen würde oder nicht, darüber was es für jeden einzelnen und alle bedeuten würde.
FAZIT
Selten hat mich ein Buch so zum Nachdenken angeregt wie „Wir werden jung sein“. Und genau das hat mir an diesem Buch so gut gefallen. Ich mochte die unterschiedlichen Ausgangssituationen der Charaktere, ihre Entwicklung, und auch das Ende, das jeder einzelne bekommen hat, fand ich sehr gelungen. Zwischendrin wurde es einmal etwas schräg und satirisch, was für mich nicht zur bisherigen Erzählstimme gepasst hat. Aber abseits davon ist „Wir werden jung sein“ ein wirklich tolles Hörbucherlebnis.
„Wir werden jung sein“ von Maxim Leo
Einzelband | Literarisch | 304 Seiten
gehört im März 2024 | 13 Tage gehört
★★★★
Hey Kate, ich finde dein Journal sooo schön! Das Buch hatte ich schon mehrmals in den Händen. Ich kann mir gut vorstellen, dass es nach dem Lesen noch nachdenklich macht.
Zeilentänzerin
Ja, das Buch hat echt viele Gedanken in mir ausgelöst. Kann es wirklich empfehlen 🙂