Werbung. Bereits die englische Ausgabe dieses Titels hat mich neugierig gemacht. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, als ich die deutsche Übersetzung in der Verlagsvorschau gesehen habe. btb war so freundlich, mir ein Rezensionsexemplar zukommen zu lassen und ich habe das Buch direkt gelesen. Vielen Dank dafür!
Klappentext
Lydia hat Hunger. Seit sie denken kann, sehnt sie sich nach Sashimi, Ramen oder Onigiri mit saurer Pflaumenfüllung. Doch das einzige, was sie wirklich zu sich nehmen kann, ist Blut: Lydia ist ein Vampir und fühlt sich fremd unter den Menschen. Nach dem Auszug aus der Wohnung ihrer Mutter in ein Künstlerloft muss Lydia feststellen, dass vieles schwieriger ist als erwartet. Da sind die hippen Leute in der Galerie, in der sie ein Praktikum macht, die seltsamen Männer, die ihr Avancen machen, und Ben, ein junger Künstler, für den sie Gefühle entwickelt. Lydia weiß, dass Menschen ihre natürliche Beute sind, aber sie will ihrem Verlangen nicht nachgeben. Wie soll Lydia existieren in einer Welt, die nicht für Wesen wie sie gemacht zu sein scheint? Für welchen Weg auch immer sie sich entscheiden wird, zunächst einmal muss sie essen.
Meine Meinung
Meine Erwartungen an dieses Buch waren ziemlich gering, weil ich bisher keinen literarischen Vampir-Roman gelesen habe. Alle Vampire, die mir bisher begegnet sind, gehörten ganz eindeutig dem Fantasy-Genre an, waren blutrünstige Monster (oder glitzernde Schönlinge). Ich habe also ein bisschen gehofft, mit diesem Buch meinen Horizont etwas zu erweitern. Und das hat durchaus geklappt.
„Die Hungrige“ ist kein actionreicher Roman, in dem eine blutige Schlacht der nächsten folgt. Es ist ein sehr ruhiger, unaufgeregter Roman. Es geht um Sehnsucht. Lydia, die Protagonistin, möchte das spüren, tun und erleben, was auch Menschen spüren, tun und erleben. Sie kennt nur das Leben als Vampirin und das aufgrund all der einschränkenden Regeln ihrer Mutter auch nur wenig. Die Mutter hat sich selbst immer als Monster, als wertloses Wesen gesehen und sich selbst in ihrem Verhalten stets gegeißelt. Und genau das hat sie auch mit Lydia getan, weshalb diese erst einmal vollkommen überfordert ist, als sie auf einmal auf sich allein gestellt ist.
Lydia taucht ganz alleine in die Welt der Menschen ein. Zwar war sie schon immer in ihr verkehrt – ist auf eine ganz normale Schule gegangen, hatte eine Freundin – aber ihre Mutter hat ihr immer etwas von dieser Welt vorenthalten. Jetzt nimmt Lydia nicht nur eine Praktikumsstelle in einer bekannten Kunstgalerie an. Sie lernt auch neue Leute kennen, verliebt sich sogar. Sie erlebt all das, was ihr ihre vampirische Mutter nie erlaubt hätte. Und es überfordert Lydia, dass ihr vielleicht ein halbwegs normales Leben möglich wäre, während sie verzweifelt nach einer Blutquelle für ihren ständigen Hunger sucht.
Das für mich besondere an diesem Roman war aber die Darstellung der Ernährung von Vampiren. Lydia erlebt in den Stunden nach der Nahrungsaufnahme das Leben ihrer Nahrung nach. Wie sie geboren wurde, was sie gegessen und erlebt hat, wie die letzten Stunden des Lebens waren. Diese Stellen haben sich so gut lesen lassen und waren für mich eine völlig neue Vampir-Erfahrung. Sehr originell und einzigartig.
FAZIT
Ein literarischer Vampir-Roman ist für mich eine völlig neue Leseerfahrung. Ich mochte die Darstellung des Vampirdaseins. Ich mochte es, dass Lydia zwischen den selbsthassenden Gedanken ihrer Mutter und ihren eigenen (nicht so schlechten) Erfahrungen als Vampirin festhing. Besonders gut gefallen hat mir die Darstellung der Nahrungsaufnahme, die ich so von keinem anderen Vampir-Roman kenne. Aber insgesamt hat sich „Die Hungrige“ sehr gezogen. Man steckt teilweise seitenlang in Lydias Gedanken fest – das ist einfach zu viel und zu lang. Und während sich einige Leserinnen vielleicht für das Thema Kunst begeistern können, kann ich nicht viel damit anfangen. Ein solider, etwas anderer Vampir-Roman, der mir persönlich etwas zu langatmig war.
„Die Hungrige“ von Claire Kohda
Einzelband | Literarisch | 304 Seiten
gelesen im März 2024 | 6 Tage gelesen
★★★