»Unsere verschwundenen Herzen« von Celeste Ng

Wer­bung. Ich bin ein Fan von Cele­s­te Ngs Büchern. »Klei­ne Feu­er über­all« war ein abso­lu­tes High­light für mich. Des­halb habe ich mich wahn­sin­nig auf das neue Buch von ihr gefreut. Wie es mir gefal­len hat, erfahrt ihr hier.

Meine Meinung

Wäre die­ses Buch nicht von Cele­s­te Ng hät­te mich der Klap­pen­text nicht beson­ders ange­spro­chen. Aber das ist auch bei ihren ande­ren Roma­nen der Fall. Die habe ich nur durch Zufall ent­deckt und lie­ben gelernt. Des­halb habe ich dies­mal auch gar nicht so sehr auf den Klap­pen­text geach­tet und ich fand ihn ja auch nicht gänz­lich uninteressant.

Der zwölf­jäh­ri­ge Bird lebt mit sei­nem Vater in Har­vard. Seit einem Jahr­zehnt wird ihr Leben von Geset­zen bestimmt, die nach Jah­ren der wirt­schaft­li­chen Insta­bi­li­tät und Gewalt die »ame­ri­ka­ni­sche Kul­tur« bewah­ren sol­len. Vor allem asia­tisch aus­se­hen­de Men­schen wer­den dis­kri­mi­niert, ihre Kin­der zur Adop­ti­on frei­ge­ge­ben. Als Bird einen Brief von sei­ner Mut­ter erhält, macht er sich auf die Suche. Er muss ver­ste­hen, war­um sie ihn ver­las­sen hat. Sei­ne Rei­se führt ihn zu den Geschich­ten sei­ner Kind­heit, in Büche­rei­en, die der Hort des Wider­stands sind, und zu sei­ner Mut­ter. Die Hoff­nung auf ein bes­se­res Leben scheint mög­lich. Eine genau­so span­nen­de wie berüh­ren­de Geschich­te über die Lie­be in einer von Angst zer­fres­se­nen Welt.
Quel­le: dtv

Aller Anfang ist …

… ver­wir­rend. Ehr­lich, ihr könnt euch nicht vor­stel­len, wie ver­wirrt ich anfangs war. Weil ich nicht ver­stan­den habe, in wel­cher Rea­li­tät die­ses Buch spielt. In unse­rer? In einer, die an unse­re ange­lehnt ist? In einer voll­kom­men ver­än­der­ten? In der Ver­gan­gen­heit? In der Zukunft? In der Gegenwart?

Ich war wahn­sin­nig ver­wirrt. Denn es geht in die­sem Buch um PACT, ein in Ame­ri­ka erlas­se­nes Gesetz, das das ame­ri­ka­ni­sche Gedan­ken­gut schüt­zen soll und qua­si für Patrio­tis­mus pur steht - auf eine unge­sun­de, gefähr­li­che Wei­se. Und ganz beson­ders gefähr­lich für Ame­ri­ka ist Chi­na und in Ame­ri­ka leben­de Chinesen.

Im Vor­wort erwähnt die Autorin, dass ihr die Inspi­ra­ti­on zu die­sem Buch (wenn man das so nen­nen kann) auf­grund der aktu­el­len Situa­ti­on in Ame­ri­ka gekom­men ist. Durch das Coro­na-Virus und vor allem auch Trumps Umgang damit und alter­na­ti­ven Namen dafür ist die Feind­lich­keit gegen­über Chi­ne­sen und/oder asia­tisch aus­se­hen­den Men­schen enorm ange­stie­gen. Und genau dar­um geht es in die­sem Buch.

Aber wie gesagt, ich habe anfangs nicht ver­stan­den, in wel­cher Rea­li­tät wir uns fin­den. Ich konn­te das Gele­se­ne nicht so rich­tig in Fik­ti­on und Non-Fic­tion einordnen.

Die Auflösung

Am Anfang begeg­nen wir Bird. Sei­ne Mut­ter ist chi­ne­si­scher Abstam­mung, sein Vater ist Ame­ri­ka­ner. Auch Bird erlebt die­se Feind­lich­keit, aber beim Lesen wirk­te es auf mich so, als wür­de er sie nicht so rich­tig wahr­neh­men. Als wür­de es haupt­säch­lich ande­ren pas­sie­ren, weil sein Vater ihn immer beschützt und davor abschirmt. Ihm ein­trich­tert, weg­zu­se­hen und sich immer an die Regeln zu hal­ten, nicht aufzufallen.

Das, was Bird vor­ran­gig zu belas­ten scheint, ist, dass sei­ne Mut­ter vor Jah­ren ein­fach ver­schwun­den ist. Als Kind konn­te er es sich nicht erklä­ren und auch jetzt ist er noch ein Kind ohne Mut­ter. Bis er eine Zeich­nung per Brief von ihr bekommt und sich auf­macht, um das Rät­sel zu lösen und sie zu finden.

Und hier erfah­ren wir auch end­lich, wie es zu PACT gekom­men ist. Auf­grund einer schwe­ren Wirt­schafts­kri­se, die Ame­ri­ka bei­na­he zer­stört hät­te und wahn­sin­nig vie­le Erkran­kun­gen, Plün­de­run­gen, gewalt­vol­le Demons­ta­trio­nen zur Fol­ge hat­te, such­te man einen Feind. Ein Grund, wes­halb es Ame­ri­ka so schlecht erging. Und den fand man in China. 

PACT wur­de erlas­sen, um die Bür­ger der USA dazu zu brin­gen, ihr Land an ers­ter Stel­le zu sehen. Sich stets patrio­tisch zu ver­hal­ten. Es ist die Grund­la­ge dafür, Asia­ten aus­zu­gren­zen und ihnen teil­wei­se Gewalt anzu­tun (pas­siert auch in die­sem Buch. Des­halb Trig­ger­war­nung für Gewalt - auch an Frau­en), Lite­ra­tur, die nicht die ame­ri­ka­ni­sche Kul­tur reprä­sen­tiert, ver­schwin­den zu las­sen, und so vie­les mehr. Und wer auch immer sich gegen PACT aus­spricht, muss mit den Fol­gen leben: Denn PACT bie­tet zudem die gesetz­li­che Mög­lich­keit USA-»feindlichen« Fami­li­en ihre Kin­der zu ent­rei­ßen, damit die­se nicht wei­ter mit den »fal­schen« Wer­ten aufwachsen. 

Das Nachwort der Autorin

Mit dem Nach­wort der Autorin wird eines klar: Zwar ist die Rea­li­tät in »Unse­re ver­schwun­de­nen Her­zen« erfun­den, doch hat sie ganz klar einen wah­ren Kern. Denn Asia­ten­feind­lich­keit war schon immer ein Pro­blem, ist es seit dem Coro­na-Virus noch mehr. Aber auch das Ent­zwei­rei­ßen von Fami­li­en ist nichts neu­es. Das kommt schon lan­ge vor, Ng hat es nur mit dem Namen PACT versehen.

FAZIT

»Unse­re ver­schwun­de­nen Her­zen« hat­te defi­ni­tiv etwas augen­öff­nen­des an sich. Dass Ras­sis­mus gegen Asiat*innen in Ame­ri­ka ein The­ma ist, war mir klar. Aber hier in die­sem Buch wird das noch­mal auf eine ande­re Art ver­deut­licht. Den­noch hab ich von dem Buch mehr erwar­tet. Das, was ich an Cele­s­te Ngs Roma­nen so lie­be, kam hier näm­lich zu kurz: die genia­le Dar­stel­lung kom­pli­zier­ter, ver­zwick­ter Bezie­hun­gen zwi­schen unter­schied­li­chen Men­schen. Daher ist »Unse­re ver­schwun­de­nen Her­zen« nicht mein liebs­ter Roman der Autorin. Zeigt aber durch­aus auf, wes­halb Gegen­warts­li­te­ra­tur so wich­tig ist.

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Eure Kate
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4 comments

  • Isabella says:

    Dan­ke für die Ver­lin­kung, lie­be Kate! Ich bin froh, dass ich nicht die Ein­zi­ge bin, die nicht hun­dert­pro­zen­tig über­zeugt von dem Buch war – bei Cele­s­te Ng ist der Hype ja immer (berech­tigt) immens hoch, aber »Uns­re ver­schwun­de­nen Her­zen« kann da wirk­lich nicht ganz mit­hal­ten. Ich kann mich nur anschlie­ßen: die zwi­schen­mensch­li­che Kom­ple­xi­tät hät­te weit­aus mehr aus­ge­schöpft wer­den können.

    Hab noch ein schö­nes Wochenende!
    Isabella

    Reply
    • Kate says:

      Lie­be Isabella,
      als ich dei­ne Rezen­si­on gele­sen habe, war ich auch ehr­lich erleich­tert, dass sie ähn­lich aus­ge­fal­len ist wie mei­ne. Ich hat­te schon die Befürch­tung, mir geht da irgend­was lite­ra­ri­sches ab, aber da war lei­der wirk­lich noch Luft nach oben.
      Liebs­te Grüße!

  • Zeilentänzerin says:

    Hal­lo Kate, ich möch­te das Buch unbe­dingt lesen. Es war­tet schon in mei­nem Regal. Ich bin gespannt, wie es mir gefal­len wird und ob es mir so ergeht wie dir. Dei­ne Kri­tik­punk­te fin­de ich nachvollziehbar. 

    Zei­len­tän­ze­rin

    Reply
    • Kate says:

      Hal­lö­chen,
      ich wün­sche dir ganz ganz viel Spaß mit dem Buch! Hof­fent­lich sagt es dir mehr zu als mir. Viel­leicht war es für mich der fal­sche Zeit­punkt. Oder ich konn­te mich schon am Anfang zu wenig drauf ein­las­sen. Ich weiß nicht.
      Liebs­te Grüße

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