Werbung. Meine Meinung zu diesem Buch in Worte zu fassen, fällt mir extrem schwer. Weil ich voll gemischter Gefühle bin, weil das Buch wortwörtlich eine Achterbahnfahrt war. Sowohl was die Spannung angeht, als auch die Emotionen. Trotzdem will ich versuchen, euch meine Meinung so gut wie möglich näher zu bringen.
Meine Meinung
Ich finde, der Klappentext sagt alles und nichts zugleich. Ich gebe auch ganz offen zu, dass ich anhand des Klappentextes andere Erwartungen an das Buch hatte. Vielleicht habe ich mir gerade deswegen mit dem Einstieg in die Geschichte so schwer getan.
Tara und Alún fühlen sich zueinander hingezogen. Doch ein Streit bringt sie auseinander. Und ehe sie sich versöhnen können, katapultiert ein verheerender Chemieunfall sie in ein anderes Leben. Alún bleibt in der sicher entfernten Großstadt und zeichnet sich mit seiner Street-Art fast um Kopf und Kragen. Tara kehrt in das verseuchte Gebiet zurück und schwimmt um ihr Leben. Werden die beiden wieder zueinander finden?
Quelle: mixtvision
Denn was der Klappentext nicht sagt, ist, dass „Taras Augen“ gar nicht in unserer Realität spielt. Das Setting machte einen leicht dystopischen/futuristischen Eindruck. Denn die Menschen sind in Sektoren geteilt, es gibt Drohnen, die ziemlich viel überwachen und einiges mehr, das zwar alles für die Handlung nicht unbedingt relevant ist, aber aufgrund der Begrifflichkeiten und der Gegebenheiten bei mir erst einmal Fragezeichen ausgelöst haben. Ganz am Ende des Buches gibt es zwar eine Seite mit Erklärungen zu den meisten Begriffen und Eigennamen (sowie ein Namensverzeichnis), aber ich blättere beim Lesen einfach nicht so gerne hin und her.
Ein etwas holpriger Anfang
Mit dem Einstieg in die Geschichte habe ich mir wirklich ein bisschen schwer getan. Die Funken zwischen „Taras Augen“ und mir sind nicht so richtig übergesprungen. Das lag zumindest vielleicht auch ein bisschen daran, dass die Handlung direkt bei dem Chemieunfall startet. Wir begleiten Tara zu ihrem Schwimmtraining, als ein lauter Knall zu hören ist und eine (Chemie-)Wolke sich nach und nach über den Horizont zieht. So einen richtigen Vorher-Zustand erleben wir als Leser*innen gar nicht, weshalb es mir manchmal ein bisschen schwer gefallen ist, mich in die Charaktere hineinzuversetzen und ihre Handlungen nachzuvollziehen. Ich habe beim Lesen lediglich das Leben nach dem Unfall miterlebt, nicht das davor.
„Taras Augen“ hatte anfangs für mich starke „Die Wolke“-Vibes – ein Buch und ein Film, die mich in meiner Schulzeit sehr ergriffen haben. Dennoch hat sich das Buch anfangs ein bisschen gezogen. Die Spannung kam mir persönlich ein wenig zu kurz. Das hielt sich aber nur ca. ein Drittel des Buches. Danach wurde es schlimm. Schlimm im Sinne von: Wie schmerzhaft kann es werden?
Zwei unterschiedliche Leben
Nach der Explosion in der Chemiefabrik, in der unter anderem Medikamente hergestellt werden, wird Taras Bezirk geräumt. Sie, ihre Mutter und ihr Großvater kommen in einer Notunterkunft unter, während ihr ehemaliger bester Freund Alún, aus dessen Sicht die Geschichte ebenfalls erzählt wird, mit seiner Familie ein neues Leben abseits der verseuchten Zone aufbaut. Hier klafft Reichtum und Armut ganz klar auseinander. Während Alúns Familie sich einen Neuanfang ohne große Probleme leisten kann, muss Taras Familie in die Gelbe Zone zurückkehren, als diese ganz offiziell wieder geöffnet wird. Sie gehören zu den ersten Rückkehrern – einzig und allein aus dem Grund, dass sie sich eine neue Wohnung nicht leisten können.
Achtung: Spoilergefahr!
Ab hier gehe ich noch etwas mehr auf den Inhalt ein, um zu erklären, was ich an diesem Buch so schmerzhaft fand. Wenn ihr euch nicht spoilern lassen wollt, solltet ihr von hier zur Überschrift „Der Erzählstil“ oder zum Fazit springen. Alle anderen sind dazu eingeladen weiterzulesen.
Warum tut dieses Buch so weh? Viele Menschen aus Taras Heimat können sich einen Neuanfang nicht ohne weiteres leisten und leben deshalb monatelang in Notunterkünften. Weil die Regierung nicht für diese sozialschwachen Menschen aufkommen möchte, werden ein paar Statistiken geschönt und das verseuchte Gebiet zur gelben Zone erklärt. Lediglich ein kleiner Umkreis um die Fabrik herum bleibt die rote Zone. Der Grund dafür? Wenn die Regierung behauptet, dass die gelbe Zone wieder bewohnbar ist, hat niemand der dortigen Anwohner ein Anrecht auf eine finanzielle Entschädigung. Denn sie können jederzeit nachhause zurückkehren. Und viele haben eben keine andere Wahl als dies zu tun, weil sie kein Geld haben. Und sich ein Haus in der „ehemals“ verseuchten Zone nicht so einfach verkaufen lässt. Kein Geld bedeutet also, sich einem gesundheitlichen Risiko auszusetzen.
Ehrlich gesagt war ich beim Lesen schockiert, dass es noch schlimmer werden kann. Denn schon nach kurzer Zeit zeigen sich bei den Rückkehrern die ersten Nebenwirkungen. Erst ist es nur Schwindel, der die Rückkehrer immer mal wieder überfällt. Man führt das auf das Beruhigungsmittel zurück, das in der Fabrik hergestellt wurde und bei der Explosion höchstwahrscheinlich ausgetreten ist. Aber nach und nach kommen Gerüchte auf, dass in der Fabrik auch ein neues Medikament hergestellt wurde, von dem es keine Aufzeichnungen gibt. Und die Nebenwirkungen davon sind für die Rückkehrer wirklich extrem gravierend. Und für mich als Leserin schockierend mitzuerleben. Hier werde ich nicht mehr sagen, denn das würde wahnsinnig viel der Spannung wegnehmen.
Nur so viel: Die Rückkehrer würden eigentlich medizinische Spezialisten benötigen. Aber natürlich können sie sich auch die nicht leisten. Sich jetzt doch noch eine Wohnung außerhalb der gelben Zone zu suchen, kommt auch nicht mehr in Frage, denn die Rückkehrer müssen nicht nur mit gesundheitlichen Problemen kämpfen, sondern auch mit extremer sozialer Ausgrenzung. Sie bekommen weder eine Wohnung noch einen Job außerhalb der gelben Zone.
Der Erzählstil
Ich finde, „Taras Augen“ wird sehr geschickt erzählt. Nämlich aus Taras und Alúns Sicht, wodurch wir die zwei möglichen Leben miterleben, die es nach dem Unfall gibt. Die Rückkehrer, die keine andere Wahl haben und sich ihrem Schicksal ergeben müssen, und diejenigen, die genug Geld haben sich ein neues, gesundes Leben aufzubauen. Und genau diesen Unterschied mitzuerleben, macht die Botschaft in diesem Buch noch einmal deutlicher.
Fazit
Nachdem der etwas holprige Anfang übersprungen ist, ist „Taras Augen“ ein Buch, das wehtut. Weil es uns die Realität vor Augen hält, in der ein Menschenleben oft nicht viel Wert ist. In der Einzelne unter den Idealen einer Gesellschaft oder Organisation leiden. Somit ist dieses Buch nicht nur von Außen ein echter Hingucker, sondern auch von Innen sehr wertvoll.
Hallo Kate, es freut mich, dass dich das Buch nach anfänglichen Schwierigkeiten doch noch packen konnte. Ich finde es rein optisch wunderschön und sehr gelungen!
Liebe Grüße,
Zeilentänzerin
Hallöchen,
optisch macht das Buch wirklich was her. Ist richtig schick im Bücherregal 🙂
Liebste Grüße, Kate