Band 2 der Gender-Drachen: „Asche im Licht“ von Aurelia L. Night

Heute geht es um die Fortsetzung von „Feuer im Schatten”. Wir erinnern uns: Sascha musste ihr ganzes Leben so tun als wäre sie ein Prinz, obwohl sie eine Frau ist. Während jeder zweite im Buch dieses Geheimnis sofort erraten konnte, war es von ungeheurer Wichtigkeit, dass niemand davon erfährt. Sascha wurde vom bösen König in den Kerker geworfen und bei ihrer Lüge überführt. Nun steht dieser vor den Toren von Saschas Königreich, um einen Krieg zu führen, weil sie eine Frau und kein Mann ist. In dieser Rezension erfahrt ihr, wie der Gender-Krieg ausgeht.

Kleiner Disclaimer vorweg: Ich habe den zweiten Band nur gelesen, weil der erste im Austausch mit Freundinnen so unterhaltsam war. Leider war der zweite Band nicht nur genauso unlogisch wie der erste, sondern dazu noch um vieles langweiliger. Falls ihr die Rezension zum ersten Band noch nicht gelesen habt, schaut gerne hier vorbei.

AUF EINMAL MUSS DAS GEHEIMNIS NICHT MEHR GEWAHRT WERDEN

Direkt zu Beginn der Fortsetzung überzeugt Sascha ihre Eltern davon, zu fliehen, damit sie das Geheimnis lüften kann in dem Wissen, dass ihre Familie in Sicherheit ist. Falls das Volk ausrastet.
Das ist 1. auf einmal überraschenderweise total okay. Und 2. ist das spannendste an der ganzen Geschichte damit direkt am Anfang abgehandelt. Denn das interessanteste an diesem Buch ist doch das Gender-Reveal. „Wenn das jetzt direkt am Anfang passiert, was soll denn dann noch passieren?”, habe ich mich gefragt. Ich hatte ja keine Ahnung!

Hier habe ich dann endlich erfahren, wieso sich Sascha nicht verwandeln durfte. Ich bin ehrlich: Es kann gut sein, dass ich das vorher einfach überlesen habe. Weil eigentlich kann ich mir nicht vorstellen, dass so etwas essenzielles nicht erwähnt wird. Andererseits waren die ganzen Begründungen bisher nicht sehr einleuchtend, also wäre es schon möglich, dass es einfach nicht erwähnt wurde.
Jedenfalls unterscheiden sich die Schuppen weiblicher Drachen von denen männlicher. Sie laufen nämlich spitzer zu. Und dieses Detail finde ich schon wieder so cool, dass ich mich direkt noch mehr darüber ärgere, dass der Rest dieser Dilogie einfach mies ist.
Das kommt übrigens raus, weil Sascha ihr wahres Geschlecht mitten auf dem Schlachtfeld verkündet. Das ist eine etwas andere Gender-Reveal-Party. Da könnten sich die ganzen Instagramer eine Scheibe von abschneiden.

DER EPISCHE MOMENT

Aber wenn ihr denkt, kurioser kann es nicht werden: doch, kann es! Sascha hat einen verbündeten König, der ihr auf dem Schlachtfeld zur Seite steht. Zur Erklärung: Dieser König wurde nicht durch Blutslinie gekrönt, sondern in dessen Königreich finden Turniere und Duelle statt und der Sieger wird dann der amtierende König.
Ihr müsst euch das jetzt so vorstellen: Wir befinden uns mitten auf dem Schlachtfeld. Da ist (mittlerweile) Königin Sascha, der böse König und König Quinn, der Verbündete. Sascha verkündet gerade lautstark ihr Geheimnis, der böse König sitzt dabei wie ein kleiner Teufel auf ihrer Schulter und sagt: Sie werden sich alle gegen dich wenden, du wirst untergehen!
Und da verkündet König Quinn, dass er ebenfalls ein Geheimnis lüften muss. Er ist nämlich auch eine sie. Eine Königin. Es ist episch.

Die Gender Reveal Ansprache ist dann tatsächlich auch so gut, dass sich die Soldaten nicht gegen die beiden Königinnen stellen, sondern direkt in den Krieg losstürmen, um den bösen König, der als einziger rechtmäßiger König ist, weil er ein Mann ist, zu besiegen.
Dem folgt dann auch ein sehr großartiger Dialog zwischen dem bösen König und Sascha: „Du bist schwach!” – „Wer war denn zu schwach seine eigene Frau zu töten? Wer hat zugelassen, dass sie sich das Leben nahm?”
So eloquent sind die Dialoge das ganze Buch über, aber das hier ist schon ein besonderes Schmankerl. Wie ich das hier schreibe, muss ich direkt wieder den Kopf schütteln.

ES IST NOCH NICHT VORBEI

Wir spulen jetzt mal ein bisschen vor. Der böse König ist in der Schlacht gefallen und Collin ist jetzt König. Während die Liebe zwischen Sascha und Collin im ersten Band kaum Zeit hatte zu keimen, dürfen wir nun der klischeehaften „verbotenen Liebe” beiwohnen. Man könnte jetzt meinen, zwei sich liebende Herrschende wären für die beiden Länder eigentlich nicht schlecht, aber in diesem Buch geht das aus Gründen nicht. Die Gründe scheinen auch wieder zur Kategorie „Weil halt” zu gehören.

Ich möchte mal kurz einwerfen, dass wir uns zu diesem Zeitpunkt erst auf Seite 40 des zweiten Bandes befinden. Keine Ahnung, wie man so viel Handlung in so wenig Seiten stopfen kann. Aber wenn man einfach immer die Begründungen weglässt, sollte das schon möglich sein.

DIE REBELLION BEGINNT

Ich möchte erwähnen, dass ich das Buch unter normalen Umständen an dieser Stelle ziemlich wahrscheinlich abgebrochen hätte. Denn mal ehrlich: Wie lächerlich kann es ab hier noch werden? (Ihr habt ja keine Ahnung!)
Collins Verbündete im Turnier, die ich bei der Rezension zum ersten Band erwähnt habe, waren übrigens Rebellen. Und denen schließt sich Collin nun an. Als König könnte er in seinem Land zwar vermutlich mehr bewegen, aber dann wäre das Buch ja viel zu schnell vorbei. Außerdem hat er seinen Vater umgebracht und darauf steht die Todesstrafe. Dass sein Vater all seine Brüder umgebracht hat, um den Thron besteigen zu können, ignorieren wir an dieser Stelle, hat die Autorin nämlich auch so gemacht. Würde Collin seinen Thron beanspruchen wollen, würde er aus Gründen gehängt werden. Er muss also bei den Rebellen untertauchen.

WILLKOMMEN BEI DER MÄRCHENSTUNDE

Um die Rebellen und die Adeligen, die immer noch keine Königin akzeptieren wollen, zu beruhigen, suchen Sascha, Collin und ihre Verbündeten nach einem Weg, wie Drachen und Menschen zusammenfinden können. Praktischerweise hat einer ein Märchenbuch dabei, in dem es um den Hohen Drachen (quasi der Schöpfer der Reiche) geht. Und einem scharfsinnigen Märchenbuch-Leser entgeht natürlich nicht, dass dort nirgends ein Todesdatum des Hohen Drachen steht. Zitat eines Charakters: „Würde von so einer wichtigen Person nicht irgendwo ein Todesdatum stehen?”
Deshalb eine Frage meinerseits: Hat mir mal jemand das Todesdatum Aschenbrödels parat? Sonst muss ich davon ausgehen, dass auch sie noch lebt.

Laut dem Märchenbuch hat sich der Hohe Drache im Wald des Drachen zur Ruhe gesetzt. Also reisen sie zu fünft dort hin. Und um es spannender zu machen, können sie nicht direkt in den Wald fliegen und dort landen, denn die Bäume stehen viel zu dicht. Kurze Erklärung: wenn sie sich in Drachen verwandeln, sind sie nicht viel größer als normal, ihnen passt dann auch noch Kleidung und Rüstung. Also ich stelle mir den Wald so vor, dass da Baumstamm an Baumstamm steht. Jedenfalls müssen sie dann über ein Feld giftiger Blumen fliegen. Und fliegen dann von der Seite in den Wald rein.
Also die Bäume stehen so dicht, dass man von oben nicht reinkommt, aber seitlich schon. Ich bin gegenüber von einem Wald aufgewachsen und muss an dieser Stelle wirklich sagen, dass mir die Vorstellungskraft fehlt, wie das überhaupt möglich sein soll.

DRACHENGEFÄNGNIS

Überraschenderweise finden sie dann einen Abdruck einer Drachenklaue im Wald, die so groß wie Sascha lang ist. Nur damit ihr einschätzen könnt, wie dicht die Bäume (eben nicht) stehen.
Schlussendlich kommt dann doch noch heraus, wieso man nicht in den Baum fliegen kann. Also es ist immer noch keine logische Erklärung, weshalb es rein physikalisch nicht geht, aber es ist eine Erklärung, was sich die Autorin dabei gedacht hat: Der Wald ist ein Gefängnis. Er soll die Vorfahren der Drachenmenschen, nämlich die Drachen, einsperren.
Hier reden wir jetzt von echten Drachen, also echsenartige große Wesen, die Feuer speien können, und gefangen gehalten werden in einem Wald. Einem Wald aus Bäumen, die wiederum aus Holz sind, das brennt. Ich denke wir können froh sein, dass die Autorin Autorin geworden ist und nicht Gefängnis-Konstrukteurin.

Wir befinden uns nach wie vor in dem hölzernen Drachengefängnis. Es gab bereits eine Begegnung mit einem Drachen, die gerade noch glimpflich ausging. Trotzdem nimmt Königin Sascha mit einem random Typen aus der Gruppe ein Bad in einer heißen Quelle (nicht mit ihrem Leibwächter oder dem eifersüchtigen Collin, der auf einmal gar nicht mehr eifersüchtig ist). Leider kommen die Drachen früher aus ihrer Mittagspause zurück und der random Typ stirbt. Was leider absolut nicht dramatisch ist. Es wurde auch nicht dadurch dramatischer, dass Sascha und der Typ sich kurz vor dem Kampf mit dem Drachen noch gegenseitig die Freundschaft erklären.

DER HOHE DRACHE

Daraufhin erscheint dann tatsächlich der Hohe Drache. Hätte ja auch mal früher vorbeischauen können, dann wäre der „dramatische” Tod unnötig gewesen – aber man kann ja nicht alles haben. Jedenfalls erklärt der Hohe Drache den nun nur noch vier tapferen Mitstreitern, dass sie keine Drachen sind, sondern Menschen mit den Gaben der Drachen.
Und hier möchte ich mal eben erwähnen, dass es Königin Saschas Ziel ist, die Drachen und Menschen miteinander zu vereinen, für mehr Gleichberechtigung und so. Als man der Gruppe nun aber sagt, dass sie keine Drachen sind, sondern eigentlich auch „nur” Menschen, fällt die Reaktion ungefähr so aus: Was?! Ich bin doch kein Mensch!
Also ziemlich abgeneigt und da hört die Gleichberechtigung dann wohl doch schon wieder auf. In diesem Buch geht es also nicht nur um Sexismus, sondern quasi auch noch um Rassismus.

IMMER DIESE SCHWACHEN FRAUEN

Mit dem Sexismus geht es dann auch direkt weiter. Denn Sascha hat den Hohen Drachen aufgesucht, damit er ihr hilft, sich vor den Adeligen als Anführerin zu behaupten. Dafür soll sie dem Hohen Drachen erst mal ihre Stärke beweisen. Indem sie mit ihm kämpft. Also eine riesige, Feuer speiende Echse, gegen einen Mensch mit den Gaben der Drachen, die Sascha aber ihr ganzes Leben lang nicht anwenden durfte und in denen sie deshalb nicht geübt ist.
Ich liebe es sehr, wie dieses Buch zeigen soll, dass Frauen stark sind, aber die ganze Zeit mit der „Frauen sind schwächer als Männer”-Keule um sich geschlagen wird. Später rät Collin Sascha auch noch ihren Leibwächter zu heiraten, da die Adeligen sie nur akzeptieren würden, wenn sie einen König an ihrer Seite hat. Es ist so mies.

DAS ENDE?

Zum zweiten Band habe ich definitiv nicht so viel zu sagen wie zum ersten, denn im Großen und Ganzen war es dann doch ziemlich langweilig. Deshalb sind wir jetzt auch schon beim Ende angekommen. Es gibt jetzt auch eine Rebellenkönigin, die alle Drachenmenschen auslöschen will. Weil diese Rebellenkönigin auf einmal dem Wahnsinn verfallen ist, wenden sich auch viele ihrer eigenen Leute gegen sie.
Sascha kehrt in ihr Reich zurück und Collin und die anderen Verbündeten machen sich auf den Weg, um die Rebellenkönigin auszuschalten. ENDE.
Das ist kein Witz, hier endet die Geschichte dann erst mal. Es gibt noch einen „fünf Monate später”-Epilog, in dem wird aber nur beschrieben, wie Collin zu Sascha zurückkommt und es wird angedeutet, dass sie gemeinsam regieren werden. Das war‘s! Wir kriegen nichts vom finalen Showdown mit der Rebellenkönigin mit, wir kriegen nicht mal mit, wie diese „verbotene Liebe” doch nicht mehr so verboten ist. Das Buch endet einfach.

FAZIT

Ich denke, ich muss abschließend nicht mehr viel sagen. Diese Dilogie war von hinten bis vorne absolut unlogisch und es ist auch das erste Buch, das mir begegnet, in dem die Autorin die Handlung so hart nach ihren Vorstellungen formt, dass sie keiner Logik mehr folgen kann. Finde ich extrem schade, weil ich die Grundidee (Drachen treffen Mulan) nach wie vor ziemlich genial finde. Die Umsetzung war dafür ehrlich gesagt einfach nur für die Tonne, und der zweite Band dann auch noch todeslangweilig.


ASCHE IM LICHT von Aurelia L. Night

2021| 334 Seiten

erhältlich als eBook


Eure Kate
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